Lampenfieber – nicht Dein Ding?!

Warum es fast alle haben und wie du damit umgehen kannst.

Veranstaltungen wie Meetings, Präsentationen, Unterrichtsstunden oder ein Vortrag stehen an. Diese Termine fordern von uns eine gute Leistung. Plötzlich schleicht sich ein Gefühl ein, das wir am liebsten gleich wieder loswerden wollen. Sein Merkmal: Unberechenbarkeit! Es scheint, es besucht uns nach Lust und Laune: Einen Tag davor, mitten in der Nacht, mitten in der Veranstaltung. Da ist es ganz flexibel – Das (heißgeliebte) Lampenfieber!

Fühlst du dich angesprochen? Ich persönlich kenne das nur zu gut und weiß noch genau wie sich das zu Anfang anfühlte: Der Blackout während einer wichtigen Rede vor 900 Menschen, der vergessene Song-Text in einer Eröffnungs-Show ganz allein auf der Bühne als Gesangs-Solistin oder die stotternd vorgetragene Geburtstags-Rede vor meiner Freundin. Mein Körper ging ohne Vorankündigung einfach so für ein paar Sekunden auf Error. Schwächer und dennoch unangenehm präsent meldete sich mein Lampenfieber während wichtigen Meetings, in Verhandlungen und bei meiner Tätigkeit als Dozentin.

Das Lampenfieber ist freundlich und anhänglich. Es begleitet mich bis heute, manchmal verdeckt, gerne auch gut spürbar. Ja, das ist heute gut so. Ich habe dieses Phänomen in allen seinen Facetten erforscht und meine Strategien entwickelt damit umzugehen: Immer wieder korrigieren und optimieren war wichtig.

Ein Bezug zur Praxis

DozentInnen, LehrerInnen, TeamleiterInnen, Menschen im Vertrieb und Service, Führungsebenen quer durch alle Branchen und Altersklassen bis hin zu Künstlern müssen sich ständig neu ausrichten. Hinzu kommen noch veränderte räumliche Bedingungen und die vielen Themenwechsel. In dieser Gemengelage fühlt sich das Lampenfieber natürlich sauwohl.

Menschen in diesen Berufen haben mit einem ständig wechselnden Umfeld zu tun. Das Publikum verändert sich laufend. Kein Ansprechpartner, Teilnehmer, Kollege, Ausschuss und Gremiums-Mitglied oder auch Schüler gleicht dem anderen. Sie treffen auf eine bunte Mischung von Persönlichkeiten. Deren unterschiedliche Zielsetzung und Erwartungen in Relation zu der eigenen macht diese Arbeit spannend.

Kompetenzen wie Flexibilität, Empathie und ein hohes Maß an persönlichem Emotions-Management helfen da enorm. Dann wird dieses Anpassen an die Gegebenheiten einfacher.

Ursachenforschung

Psychologisch betrachtet ist Lampenfieber die Angst, vor Auftritten bzw. im Fokus zu stehen, schlichtweg die Furcht vor einer negativen Beurteilung durch andere. Einer amerikanischen Studie zufolge geben 74 Prozent der Menschen „Sprechen in der Öffentlichkeit“ als eine ihrer größten Ängste an. Selbst Cicero, der berühmteste Redner Roms, soll unter Lampenfieber gelitten haben.

Und der große Schriftsteller Mark Twain hat es auf den Punkt gebracht:

„Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache. Es funktioniert vom Augenblick der Geburt bis zu dem Zeitpunkt, wo du aufstehst, um eine Rede zu halten.“

Netzwerke Nerven und Synapsen

Die Merkmale und Symptome von Lampenfieber sind so vielfältig, wie wir Menschen in unserer Persönlichkeit eben sind. Das reicht von Herzrasen, Schwitzen, Kreislaufproblemen, Magenverstimmungen und Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zum beliebten „Black-Out“. Verantwortlich für die Intensität dieses Gefühls ist eine erhöhte Cortisol-Ausschüttung.  Der Adrenalin-Spiegel steigt. Das Stresshormon bewirkt einen Zustand, den manche Verhaltensforscher „Flüchten oder Kämpfen“ nennen. Das neuronale Netzwerk unseres Gehirns arbeitet auf Hochtouren. In einer Gefahrensituation kann das hilfreich sein, in unserem Arbeitsalltag hat das Gefühl wenig Platz. Erst recht nicht, wenn es um wichtige Termine geht.

Anspannung ist grundsätzlich wichtig. Sie hilft uns konzentrierter und fokussierter zu handeln und reagieren. Es kann auch sein, dass wir uns besser vorbereiten, um den Pegel niedriger zu halten.

Nun ist die Frage, wie wir das ideale Maß dieser Anspannung herstellen können. Da hilft nur Eines: Lernen damit umzugehen!

Stimmtraining & Lampenfieber

Ja, das hängt unmittelbar zusammen!

Unserer Stimme spiegelt unser Befinden wider. Gefühlszustände, wie zum Beispiel Freude, Aufregung, Anspannung, Unsicherheit, Konzentration oder auch Neugierde, sind hörbar. Inwieweit sich Dein Lampenfieber auch in der Stimme zeigt, gilt es herauszufinden. An der Stelle gleich eine Entwarnung: Es ist möglich, dass du das Zittern in deiner Stimme selbst mehr wahrnimmst als es von außen hörbar ist.

Deine Inhalte optimal rüberzubringen, gelingt dir auf jeden Fall im Zustand der GELASSENHEIT am besten. Gelassenheit ist ein Faktor, der zu einer wohlklingenden Stimme beiträgt. Wir wirken dadurch echt, emphatisch und kompetent. Die Menschen hören uns gerne zu und schöpfen Vertrauen. Gelassenheit macht uns zudem resilient. Also widerstandfähiger. Schaffen wir es, uns darin zu trainieren, werden wir auch in nicht planbaren Situationen souveräner reagieren und Lampenfieber reduzieren.

In diesem Video bekommst Du 5 Tipps für einen besseren Umgang mit Lampenfieber:

Hier noch weitere wichtige Tipps und Denkimpulse:

• Eine gute Vorbereitung

Inhaltlich

  • Erstelle ein Drehbuch für deinen Auftritt/Präsentation
    Wie willst Du starten? Wie soll Dein Abschluss sein? Achte darauf, dass Beides auswendig sitzt. Was ist dazwischen wichtig?
    Merke „Der erste Eindruck zählt, der letzte wirkt.“
  • Welche Medien brauchst du? Funktioniert Alles? Bist du im Umgang damit sicher? Brauchst du Unterstützung?
  • Arbeite für ein Meeting mit einer Checkliste: Schreibe dir alle wichtigen Punkte, die du ansprechen möchtest, auf.
  • Notiere dir deine Argumente und die deiner Gesprächspartner. Blicke auf die Gegenargumente, die kommen könnten. Wie möchtest du darauf reagieren?
  • Aktives Üben: Spreche deinen Text laut. Nimm dich dazu auf (Sprachnachricht oder per Video). Heutzutage mit dem Handy kein Problem.

Mental

  • Setze dich mit deinen Gesprächspartnern/deinem Publikum auseinander
    Wer ist da? Wie ticken diese Menschen? Was erwarten Sie von dir? Welche Ziele haben sie? Welches Ziel hast du/was willst du erreichen?
  • Gehe deinen Auftritt gedanklich durch
  • Visualisiere Erfolg.
    Denke dazu an Momente, in denen es dir schon einmal gelungen ist

Die Rahmenbedingungen

  • Raum-Check:
    Betrete vorher die leere Bühne, laufe sie auf und ab, nehme den Raum schonmal wahr. Schau dir den Besprechungsraum vorher genau an. Kannst du wählen, wo du sitzen möchtest? Gibt es eine Person, die du gerne neben dir hättest? Wie lässt sich das organisieren?
  • Technik-Check:

    – Medien/Technik rechtzeitig vorher dem Einsatz auf Funktionalität prüfen
    – Beim Einsatz von Mikrofonen unbedingt einen Sound-Check vornehmen.
    – Hast du genügend Papier auf dem Flipp-Chart?
    – Funktioniert dein Moderations-Koffer? Hast du Alles dabei?

Selbstführsorge

Was tut dir gut: Ruhe, Bewegung, Atemübungen?
Was brauchst du unmittelbar vor dem Termin? Am Abend davor?

• Stimmtraining

Starte damit, deine Stimme kennen (und mögen) zu lernen.
Bringe deine Stimme auf „Betriebstemperatur“. Spreche dich „warm“, indem du zum Beispiel einen kurzen Text laut liest. Beginne, dich zu reflektiere: Wirst du ausreichend wahrgenommen und gehört? Hast du den Eindruck, dass deine Inhalte ankommen?

• Selbstreflexion: Finde deine persönliche Angst-Ursache

Wenn du die Ursache genau kennst, wird der Umgang einfacher.Bringst du dein Lampenfieber mit einer bestimmten Situation in Zusammenhang? Wenn ja, hat diese heute noch Gültigkeit?
Worst-Case-Szenario
Male dir die schlimmste Situation aus, die passieren könnte. Was würdest du tun? Wie würdest du dich und die Situation retten?

• Gewinne Klarheit durch Feedback

Um dich selbst zu reflektieren, kann dir eine Person deines Vertrauens helfen, hierrüber Klarheit zu gewinnen. Bitte sie bei der nächsten Gelegenheit, darauf zu achten, ob und wie sich deine Stimme verändert. Tausche dich anschließend über deine und ihre Wahrnehmung aus. Das Ergebnis wird dich überraschen: Zwischen dem Eigen- und Fremdbild liegen erfahrungsgemäß 50%.

Das Beste zum Schluss:

Je öfter du dich einer Situation mit Lampenfieber aussetzt, desto eher kannst du damit umgehen.

Hier findest du eine kostenlose Checkliste, die Dir die Vorbereitung auf wichtige Termine und Anlässe erleichtern wird.

Autorin: Heike Siehler